SUBTEMPLATE 01

Wärmewende: Realistische Erwartungen nun auch beim Gemeindetag Baden-Württemberg

Im überwiegenden Teil der Siedlungsflächen in Baden-Württemberg wird es kein öffentliches Wärmenetz geben, auch wenn dort Wärmepläne vorliegen. Denn es wäre im Vergleich zu individuellen Lösungen die viel teurere Variante. Dies sagte Gemeindetagspräsident Steffen Jäger in einem vor Weihnachten geführten Interview der Stuttgarter Zeitung mit ihm und Umweltministerin Thekla Walker. Damit nähert sich der Vertreter der Gemeinden in Baden-Württemberg zunehmend den Einschätzungen des Fachverbandes an, der diese Position mit viel Gegenwind seit über eineinhalb Jahren immer wieder deutlich macht. „Ich freue mich sehr, dass sich die Position des gesunden Menschenverstandes zunehmend durchsetzt“, kommentiert Hauptgeschäftsführer Wolfgang Becker das Interview, in dem Jäger die Rolle der Wärmenetze relativiert, wie sie in den Wärmeplanungen vorgesehen sind. „Ich wäre eher bei den 20 Prozent des Handwerks“, machte Jäger mit Blick auf einen möglichen Fernwärme-Anteil deutlich.

Auch der von manchen Akteuren propagierte Anschlusszwang hat für Jäger nicht die erste Priorität. Ebenso lässt er erkennen, dass die unterschiedlichen Ziele der CO2-Neutralität – Europa im Jahr 2050, Deutschland 2045, Baden-Württemberg 2040, Städte wie Stuttgart oder Mannheim 2035 – „immer schwerer vermittelbar“ seien. Umweltministerin Thekla Walker betont jedoch in dem Doppelinterview, es sei zu früh von den Zielen abzurücken. Man habe an der Wärmeplanung gesehen, dass Ehrgeiz und eine Vorreiterrolle Vorteile brächten. „Wir haben jetzt für 80 Prozent der Menschen eine Wärmeplanung vorliegen“, stellt sie stolz fest. Dabei ist sie sich jedoch bewusst, dass die Wärmeplanung der Kommunen mit Vorsicht zu genießen ist. „Planung ist noch keine Umsetzung. Das oberste Gebot muss ein: Es muss bezahlbar sein und dauerhaft funktionieren“, so Walker.

Hier sieht der Fachverband einen der größten Knackpunkte. „Die Millionensummen, die nötig wären, um die theoretischen Potentiale für Wärmenetze in den Wärmeplanungen zu verwirklichen, sind selbst in den solventesten Kommunen und deren Stadtwerken nicht vorhanden. Das wird vielen Beteiligten nun deutlich“, kommentiert Becker. „Die Kommunen schauen auf Land und Bund, das Land schaut auf den Bund, aber keine staatliche Ebene hat derzeit Geld übrig, um sich ineffiziente Ausgaben zu leisten.“ Für ihn ist die Wärmeplanung dennoch ein richtiger Schritt. „Bei der Wärmeplanung sind wir in Baden-Württemberg dann tatsächlich führend, wenn wir sie als sehr unvollständigen Startpunkt begreifen, ein erster Wurf, nicht der finale Schuss“, so der Hauptgeschäftsführer.